Sie haben bei WAFIOS schon Ihre Ausbildung gemacht. Welchen Ausbildungsberuf haben Sie damals erlernt und in welchem Jahr haben Sie bei WAFIOS begonnen?
Ich habe im September 1973 bei WAFIOS eine Ausbildung als Mechaniker begonnen, diese dauerte bis Anfang 1977. Wenn Sie mich damals gefragt hätten, wie lange ich bei WAFIOS bleibe, hätte ich wahrscheinlich gesagt, nach der Ausbildung bin ich weg. 1977 war ein Krisenjahr und von unserem Lehrjahr sollten von 44 nur die 10 besten Azubis übernommen werden. Das hat dann schon für einen zusätzlichen „Motivationsschub“ bei meinen damaligen Kollegen und bei mir gesorgt.
Meine erste Tätigkeit nach der Ausbildung war dann in der mechanischen Fertigung, ich wurde dort in der Schleiferei im Schichtbetrieb eingesetzt.
Mein damaliges Ziel war es, wie mein älterer Bruder, nach der Ausbildung in ein oder zwei Jahren den Techniker zu machen und dann irgendwann Maschinenbau zu studieren.
Vom Azubi zum Vorstand – so schnell ging es dann wahrscheinlich doch nicht, oder? Wie ging es nach Ihrer Ausbildung weiter?
Mein Ziel nach der Ausbildung war immer, dass ich mich weiter entwickeln kann. Mein Werdegang bei WAFIOS war sicherlich geprägt von eigenem Antrieb, Vorgesetzten die mich gefördert haben und eine Portion Glück gehört natürlich auch immer dazu. 1979 war ich eigentlich schon auf dem Sprung zu einer technischen Weiterbildung, als ich auf eine interne Stellenausschreibung aufmerksam wurde. In der OD (Organisation / Datenverarbeitung) wurde ein EDV-Operator gesucht. Ich habe mich auf die Stelle beworben, daraufhin hat mir der damalige EDV-Chef einen Besuch an meiner Maschine abgestattet und nach einem längeren Gespräch hatte ich den Job. Das war mein erster interner Stellenwechsel von der mechanischen Fertigung in die IT (damals sagte man noch EDV dazu). Als EDV-Operator war ich mit weiteren drei Kollegen zusammen für die Betreuung der Großrechneranlage zuständig, auch dort war Schichtarbeit und oft auch Wochenendarbeit angesagt. Nach zwei Jahren in diesem Job wollte ich mich weiterbilden und habe in Stuttgart beim Berufsfortbildungswerk samstags eine zweijährige Ausbildung zum Organisationsprogrammierer absolviert. Nach der Ausbildung bekam ich in der IT einen Job als Organisationsprogrammierer. Ich habe damals sehr viel über die Abläufe bei WAFIOS gelernt und hatte viel Spaß an der Tätigkeit.
1988 war es wieder soweit und ich wollte mich weiterentwickeln und auch irgendwann Personalverantwortung übernehmen. Ich entschied mich für ein nebenberufliches Betriebswirtschaftsstudium an der VWA (Verwaltungs-und Wirtschaftsakademie) in Tübingen. Das war eine harte Zeit, das ganze ging 6 Semester und die Vorlesungen fanden montags, mittwochs, freitags und samstags statt. Dieses Studium war aber im Nachhinein der Schlüssel für mein Weiterkommen. Nach dem Studium wurde ich 1992 stellvertretender IT-Leiter. Während dieser Zeit habe ich noch nebenberuflich auch an der VWA sechs Semester Wirtschaftsinformatik studiert und nachdem der damalige IT-Chef in den Ruhestand ging bekam ich 1996 den Job als IT-Chef und die Personalverantwortung für 14 Mitarbeiter war auf einmal da.
Es stand ein großes IT-Projekt an: unternehmensweit wurde SAP eingeführt. Die Einführung verlief sehr erfolgreich, da alle betroffenen Abteilungen eng und teamorientiert zusammengearbeitet haben und unser damaliger Vorstandschef Herr Rösch zu 100% hinter dem Großprojekt stand. Zu der Zeit waren SAP-Berater sehr rar, wir haben das Problem unbürokratisch gelöst und mit motivierten Studenten von der Hochschule Reutlingen gemeinsam SAP eingeführt.
Nach ein paar Jahren in der Funktion des IT-Leiters war ich gedanklich wieder auf dem Sprung und wollte mich verändern. 2007 wurde ich von Herrn Rösch angesprochen, ob ich es mir vorstellen könnte in den Vorstand bei WAFIOS zu wechseln. Nach 2 Tagen Bedenkzeit entschloss ich mich das Angebot anzunehmen und wurde ab Januar 2009 in den Vorstand berufen.
Wie haben Sie Ihre Anfangszeit als Vorstand bei WAFIOS erlebt?
Mit dem Wechsel in den Vorstand dachte ich, „jetzt hast du dein Ziel erreicht, alles im Lot!“ Doch so war es nicht, auf einmal war die Verantwortung für das Unternehmen und die Mitarbeiter richtig groß.
Bekanntlich hatten wir im Jahr 2009 mit der schlimmen Wirtschaftskrise zu kämpfen. Die Auftragseingänge blieben aus. Wir waren gezwungen sehr unliebsame Maßnahmen zu ergreifen. Auch Personalanpassungen mussten wir durchführen um das Überleben von WAFIOS zu sichern.
Als Vorstand sind Sie bei WAFIOS unter anderem für die Bereiche Produktion, Logistik und Organisation zuständig. Welche alltäglichen Aufgaben verstecken sich dahinter?
Die einzige Aufgabe, die immer wieder kommt, ist es Unterschriften zu leisten (lacht).
Ansonsten ist meine Tätigkeit als Vorstand sehr vielseitig. Jeden Tag kommen neue und interessante Aufgaben auf mich zu und es müssen Entscheidungen getroffen werden.
Mir ist wichtig, dass ich mich regelmäßig mit den Bereichsleitern aus meinem Ressort austausche. Dazu findet seit einigen Jahren jeden Montagmorgen ein Treffen statt (die Herren Zrenner in Marktredwitz und Matteis in China werden per Telefonkonferenz dazu geschalten). Dort stimmen wir gemeinsam die kommende Woche ab (z.B. die Kapazitätsplanung- und Steuerung, wo gibt es Personalengpässe, wo ist mit Störungen zu rechnen bzw. wie können diese beseitigt werden).
Mir ist auch wichtig, dass ich mich regelmäßig gemeinsam mit dem Betriebsrat im Betrieb aufhalte und mich mit den Mitarbeitern kurz austausche.
Das hört sich nach einer Menge Arbeit, viel Verantwortung und vielseitigen Aufgaben an. Da kann so ein Arbeitstag auch mal ganz schön lang werden oder?
Im Normalfall bin ich so gegen 9 Uhr im Büro oder vielleicht auch ein bisschen früher und arbeite dann bis abends ca. 19.00 / 19.30 Uhr. Ich muss sagen, der Arbeitstag vergeht im Flug. Ich denke, das geht jedem so, dem sein Job Spaß macht.
Erledigen Sie die meisten Ihrer Aufgaben von Ihrem Büro in Reutlingen aus oder sind sie auch manchmal im In- und Ausland unterwegs?
Sagen wir es mal so, ich arbeite 70% von Reutlingen aus und bin 30% unterwegs. Ich bin einmal im Monat in Marktredwitz im Werk 5, mindestens viermal jährlich in China bei unserer Produktionsgesellschaft WZP und normalerweise zweimal im Jahr in Brasilien bei der WdB.
Mir ist auch wichtig, dass ich regelmäßig gemeinsam mit einem Vertriebsmitarbeiter Kunden besuche. Man hat dadurch einen ganz anderen Blickwinkel und bekommt direkt vom Kunden gesagt, wo WAFIOS gut ist und wo wir Verbesserungsbedarf haben. Auch als Produktionsvorstand ist es sehr wichtig zu sehen, wie unsere Kunden „ticken“ und welche Themen sie auf dem Herzen haben.
Haben Sie auch einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit? Vielleicht ein Hobby?
Unter der Woche bleibt mir wenig Zeit für Hobbies. Was ich auf jeden Fall mache, ich gehe jeden Morgen joggen. Vor einiger Zeit bin ich einmal jährlich einen Marathon gelaufen, das habe ich vorerst eingestellt.
Am Wochenende verbringe ich meine Zeit entweder als Motorradfahrer auf meiner Harley oder spiele Golf – nein, ich versuche Golf zu spielen (lacht).
Hätten Sie schon als Kind gedacht, dass Sie einmal Vorstand werden?
Dass ich einmal Vorstand werden würde, konnte ich mir nicht vorstellen, aber ich wollte schon als kleiner Junge bei meinen Kumpels „das Sagen haben“ und war auch bereit Verantwortung für das, was wir gemeinsam ausgeheckt haben zu übernehmen.
Technik hat mich schon immer fasziniert, daher habe ich mich damals entschieden, eine Ausbildung zum Mechaniker zu machen.
Ausbildung früher und heute – Welche Veränderungen gab es? Inwieweit haben sich auch die Azubis von damals zu heute verändert?
Die Ausbildung hat sich gegenüber früher extrem gewandelt. Die Struktur des Unternehmens war sehr hierarchisch und die Ausbildung war teilweise sehr streng.
Meinen ersten Tag werde ich nie vergessen: Antreten hieß es. Der Erste hatte zu lange Haare und wurde zum Frisör geschickt. Der Nächste wollte seine Haare nicht schneiden lassen und musste dann ein Haarnetz tragen. Dass dies zur allgemeinen Belustigung beitrug, kann man sich denken. J
Heute sind die Anforderungsprofile an junge Menschen ganz andere geworden. Das technische Know-how brauchen unsere Azubis natürlich immer noch, aber genauso wichtig ist, dass die Leute Sozialkompetenz mitbringen und teamfähig sind.
Dadurch entstand auch vor ca. sieben Jahren unser Projekt mit der Bruderhaus Diakonie. In diesem Projekt sollen unsere Azubis einen anderen Blickwinkel auf Menschen bekommen, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Auch Offenheit für andere Kulturkreise sind wichtige Aspekte, die wir auch weiter entwickeln wollen. So haben wir z.B. seit dem Ausbildungsjahr 2017 auch Flüchtlinge unter unseren Azubis. Wir sind ein international aufgestelltes Unternehmen und haben aktuell eine Exportquote von ca. 66%, wir leben also von vielen Kunden, die außerhalb von Deutschland ansässig sind.
Welchen Tipp würden Sie zukünftigen Azubis geben, welche Eigenschaften sollten Azubis heutzutage mitbringen?
Unsere moderne Arbeitswelt gibt sich mit fachlichen Qualifikationen, die man sich angeeignet hat längst nicht mehr zufrieden. Die Bereitschaft zu einem lebenslangen Lernen wird für jeden Menschen der Schlüssel zum Erfolg, auch im Hinblick auf das Megathema „Digitalisierung“ bzw. Industrie 4.0.